Einfach und komplizierte Sprache

Nein, ich war nie ein großer Fan von Thomas Mann. In meinem Germanistik-Studium las ich notgedrungen das eine oder andere Buch von ihm und quälte mich von Bandwurm-Satz zu Bandwurm-Satz.

Ich will nicht seine Qualität als Literat in Frage stellen – mir war sein Bruder Heinrich mit seinen kurzen, klaren Sätze und seiner Zugewandtheit zum Leben und den Menschen schlicht näher. Später im PR-Volontariat und in den Texter-Seminaren der Bayerischen Presseakademie lautete die Devise: kurz, klar, knackig. Vorbild: die Headlines in der B***-„Zeitung“.

 

Wo ging der Satz nochmal los?

 

Klar: Verschachtelte Sätze haben in Werbetexten und PR-Artikeln nichts zu suchen. Andernorts sehne ich mich aber heute manchmal nach kunstvollen Satz-Konstrukten, die Einblick in einen verschwurbelten Geist geben. Die Nuancen, Zweifel, Widersprüche, Himmel und Hölle und alles, was sich dazwischen verfängt, abbilden. Nicht jeder Satz muss klar sein, einen Sinn haben. Wie auch nicht jeder Gedanke klar ist und das Leben kausal. In der Unklarheit kann eine große Schönheit liegen.

 

Schleier drüber!

 

Nach wie vor wütend macht mich aber eine Sprache, deren Kompliziertheit von Inhaltslosigkeit ablenkt und/oder verschleiern soll. Sie wird besonders häufig in der Politik verwendet und in Ämtern. Sie hält die Menschen auf Abstand, gibt ihnen das Gefühl, doof zu sein. Dabei ist im Grunde das Gegenteil der Fall. George Bernhard Shaw sagte „Hohe Bildung kann man dadurch beweisen, dass man die kompliziertesten Dinge auf einfache Art zu erläutern versteht“ und ich finde, er hat vollkommen recht. Wenn man also zum Beispiel nach einer Politiker-Rede nur Bahnhof versteht, soll man entweder getäuscht werden, der Typ hat selber keine Ahnung und versucht es hinter Worthülen zu verbergen – oder er ist schlicht ungebildet.

 

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